Rede Peter Boehringer im Bundestag, 2.7.2020 (19.30 Uhr): Debatte zur Integrationsverantwortung des Deutschen Bundestags bei geldpolitischen Entscheidungen der EZB (Umsetzung BVG-Urteil zu PSPP v. 5.5.2020)
Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen,
Es ist bemerkenswert, welchen Aktionismus der Altparteien ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum bereits seit FÜNF JAHREN laufenden PSPP-Programm auslösen konnte.
Inzwischen liegt uns sogar eine LISTE des BT-eigenen Europa-Referats vor, die dokumentieren soll, wie AKRIBISCH man sich hier im Hause doch um eine Kontrolle der enormen EZB-Macht bemüht habe.
Interessanterweise beinhaltet diese Liste seit 2017 ÜBERWIEGEND AFD-Initiativen, die Sie allesamt abgelehnt haben!
Teilweise wollten Sie unsere Anträge gar nicht erst ZULASSEN – doch nun, ggü. dem Gericht, will man damit eifrig-offiziell dokumentieren, der Bundestag sei der vom Gericht geforderten „Integrationsverantwortung“ nachgekommen.
8 von 11 PLENARDEBATTEN zur EZB-Politik fanden aufgrund von AfD-Initiativen statt.
7 von 10 einschlägigen ANTRÄGEN stammen alleine nur von UNSERER kleinen Fraktion. Ebenso 6 von 11 einschlägigen ANFRAGEN!
Von der BundesREGIERUNG kam dagegen praktisch GAR keine Aktivität! Wenn Bundestag und Bundesregierung die absehbaren FOLGEklagen zu PSPP bestehen sollten, dann könnte das durchaus auch an von Ihnen zutiefst abgelehnten AFD-Aktivitäten liegen.
Doch geschenkt – Sie HABEN sich FORMELL nun um die geforderte Verhältnismäßigkeitsprüfung bemüht… Wenn auch fünf Jahre zu spät. Und vor allem ungenügend, denn spätestens 2015 war klar, dass OMT und PSPP letztlich die deutsche Haushaltssouveränität aushebeln!
Der Bundestag hätte die Billionenentscheidungen viel FRÜHER nicht nur auf VERHÄLTNISMÄSSIGKEIT prüfen müssen, sondern dazu vor allem verbotene monetäre STAATSFINANZIERUNG feststellen müssen!
Der Integrationsverantwortung werden wir nicht mit EINER von Karlsruhe erzwungenen Eildebatte zu PSPP gerecht. Und es genügt auch kein unverbindlicher „monetärer Dialog“ in nichtöffentlichen Zirkeln oder gar über unsere Geheimschutzstelle:
Schon im Lissabon-Urteil des BVG von 2009 steht: „Die rechtliche und politische Verantwortung des Parlaments erschöpft sich NICHT in einem EINMALIGEN Zustimmungsakt“. Nur REGELMÄßIGE Debatten HIER im PLENUM mit der Möglichkeit zu BeschlussANTRÄGEN, noch VOR der UMSETZUNG neuer EZB-Ankaufprogramme, erfüllen unsere Verantwortung! Genau dies beantragen Kollege Peterka und ich heute; leider steht im Gemeinschaftsantrag der ALTPARTEIEN dazu nichts! Der FDP-EINZELantrag dagegen enthält auch UNSERE Dauerrede, hier werden wir darum zustimmen.
Das aktuelle PEPP-Programm der EZB mit Volumen 1350 Milliarden Euro werden wir sogar GERICHTLICH prüfen lassen.
Der Rechtsauffassung „monetäre Staatsfinanzierung“ haben sich neben der AfD Vertreter völlig unterschiedlicher Gruppierungen angeschlossen, darunter die ehemaligen Chef-Volkswirte der EZB Issing und Stark, Ex-Bundesbank-Präsident Schlesinger und sogar ein von den LINKEN bestellter Sachverständiger sowie das Bundestags-eigene EU-Referat.
Seit wenigen Tagen liegt nun die seit fünf Jahren vermisste Dokumentation der EZB zur Verhältnismäßigkeit von PSPP vor. Ich stelle fest, dass diese zuerst den Medien zugeleitet wurde und erst sehr spät uns Abgeordneten, leider eine übliche Unsitte.
INHALTLICH kommen wir bei der Prüfung von PSPP zu einem ANDEREN Ergebnis als die EZB: Die Folgen der permanenten Manipulation der Staatsanleihenmärkte sind für Sparer, Rentner, Mieter, künftige Steuerzahler sowie für Immobilienkäufer verheerend. Es droht das künstliche Aufblähen ALLER Vermögensmärkte. Die Nullzinsen führen zur Zombifizierung der Wirtschaft; zudem zu Umverteilungen von Arm nach Reich. Meine Damen und Herren Sozialpolitiker der Altparteien: INTERESSIERT Sie das überhaupt noch, wenn sich der Finanzsektor zulasten der einfachen Bürger bereichert?
Am Ende steht eine Depression – ganz zum Schluss gar ein Währungscrash!
Unsere im Ergebnis VERNICHTENDE Abwägung PSPP-Billionen gegen all diese Nachteile teilt übrigens auch eine neue Studie der Commerzbank.
Daraus zitiert: „Insgesamt bleiben selbst auf der Grundlage von Studien der EZB Zweifel an der Verhältnismäßigkeit der Anleihekäufe. [Es] ergeben sich aus den Anleihekäufen große RISIKEN für die Finanzstabilität [!]. Die EZB SELBST betont, dass die negativen Auswirkungen einer expansiven Geldpolitik mit deren Dauer zunehmen würden.“
Genügend Gründe also für uns, diese Auswirkungen nach inzwischen zehnjähriger Dauer immer kritischer zu beobachten, zu bewerten – und zu stoppen! Hier und heute!
Mit meinem LETZTEN Satz protestiere ich noch gegen die völlig ungenügende Behandlung dieses BILLIONENthemas hier im Bundestag in absurd kurzen 30 Minuten!